Münchner Baugenossenschaft e. G.
Gut und sicher wohnen - seit 1950

Wohnungsgenossenschaften 2025 – Ein Fels in der Brandung im
internationalen Jahr der Genossenschaften

Geschichte, Bedeutung und aktuelle Herausforderungen der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland


Eine Tradition mit Zukunft

Das Jahr 2025 wurde offiziell zum "Jahr der Genossenschaften" ausgerufen – ein Anlass, um auf die enorme Bedeutung und die lange Geschichte der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland zu blicken. Diese besondere Form des gemeinschaftlichen Wohnens hat sich über Jahrzehnte als tragende Säule für bezahlbaren und sozial gerechten Wohnraum etabliert.

Mehr als nur eine Rechtsform

Genossenschaften sind nicht nur eine Rechtsform, viel mehr sind sie Lebensform. Und Wohnungsgenossenschaften beweisen immer wieder aufs Neue, dass Wohnen mehr ist, als ein Dach über dem Kopf. Genossenschaftliches Wohnen steht für ein gutes Wohnumfeld, funktionierende Nachbarschaften sowie sozialen Zusammenhalt in den Wohnquartieren.

Durch die Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf die Förderung ihrer Mitglieder – vorrangig durch eine gute, sichere und sozialverantwortbare Wohnungsversorgung – haben Wohnungsgenossenschaften ein grundsätzliches Interesse an der nach-haltigen und qualitativ anspruchsvollen Weiterentwicklung ihres Bestandes. Darüber hinaus zeichnen sich die Wohnungsgenos-senschaften durch ihre Anpassungsfähigkeit aus, die es ihnen ermöglicht, flexibel auf die sich stellenden und immer wieder ändern-den Herausforderungen reagieren zu können.

Das besondere Etwas

Wohnungsgenossenschaften blicken auf eine lange und erfolgreiche Geschichte zurück. Dies liegt nicht zuletzt an den genossen-schaftlichen Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Das genossenschaftliche Geschäftsmodell ist auf das Wohl der Mitglieder ausgerichtet. Mitbestimmung und Solidarität sind bis heute zentrale Grundsätze des genossen-schaftlichen Wirtschaftens. 

Die Genossenschaftsmitglieder haben ein weitgehendes Mitwirkungsrecht und können sicher sein, dass sich die Genossenschaft nicht an den Interessen fremder Kapitalgeber orientiert, sondern ausschließlich an denen der Mitglieder. Gelebte Demokratie seit einem Jahrhundert – ein unschätzbares Pfand für unsere Gesellschaft.

Für diejenigen, die sich über das Mietverhältnis hinaus an der Entwicklung des Wohnungsunternehmens beteiligen und sich in der Gemeinschaft engagieren möchten, stellt die Nutzung einer Genossenschaftswohnung und die damit einhergehende Mitgliedschaft in der Wohnungsgenossenschaft eine starke Alternative dar. Wohnungsgenossenschaften bieten einen Mittelweg zwischen Eigentum und Miete.

Einerseits sind die Mitglieder Miteigentümer der Genossenschaft. Sie haben daher eine eigentumsähnliche Position und genießen eine größere Sicherheit, als dies bei herkömmlichen Mietverhältnissen der Fall ist. Andererseits sind die Mitglieder genauso flexi-bel, da sie den Nutzungsvertrag ganz normal kündigen können.

Gerade das lebenslange Wohnrecht ist ein großer Vorteil. Aber auch die Möglichkeit der Genossenschaftsmitglieder, sich aktiv ins Genossenschaftsleben einzubringen, ist sehr attraktiv. Andererseits sind natürlich auch diejenigen, die einfach nur gut wohnen wollen, in der Genossenschaft willkommen.

Die Ursprünge der Wohnungsbaugenossenschaften

Die Idee der Wohnungsbaugenossenschaften geht auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. In einer Zeit rasanter Industriali-sierung, in der Wohnraum in den Städten knapp und teuer wurde, schlossen sich Arbeiter, Handwerker und Kleinbürger zu-sammen, um durch kollektive Selbsthilfe und Solidarität bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Eine der ersten Wohnungsbau-genossenschaften in Deutschland wurde 1862 in Hamburg gegründet. Bald darauf folgten weitere Initiativen in Leipzig, Berlin und anderen Industriestädten.

Die Grundidee war einfach, aber wirkungsvoll: Mitglieder einer Genossenschaft erwarben Anteile und wurden damit Miteigentümer der gemeinschaftlichen Wohnanlagen. Dies sicherte ihnen ein lebenslanges Wohnrecht zu fairen Konditionen und schützte sie vor willkürlichen Mieterhöhungen oder Kündigungen.

Wachstum und Wandel im 20. Jahrhundert

Nach dem Ersten Weltkrieg spielten Genossenschaften eine Schlüsselrolle im sozialen Wohnungsbau der Weimarer Republik. Staatliche Förderprogramme unterstützten den Bau neuer Wohnungen, und die genossenschaftliche Idee gewann weiter an Popularität. Während der NS-Zeit wurden viele Genossenschaften gleichgeschaltet oder aufgelöst, doch nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten sie eine Renaissance.

Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren, als Deutschland dringend neuen Wohnraum für die wachsende Bevölkerung benö-tigte, waren Wohnungsbaugenossenschaften ein zentraler Akteur. In dieser Zeit entstanden viele der noch heute bestehenden Genossenschaftswohnungen, die durch ihre solide Bauweise und sozialverträglichen Mietpreise überzeugen.

In der DDR spielten Wohnungsbaugenossenschaften ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier waren sie oft staatlich gelenkt, boten aber dennoch vielen Bürgern eine Möglichkeit, in bezahlbarem Wohnraum mit Mitbestimmung zu leben.

Wohnungsbaugenossenschaften heute

Heute gibt es in Deutschland rund 2.000 Wohnungsbaugenossenschaften mit mehr als zwei Millionen Wohnungen. Sie stehen für eine nachhaltige und soziale Wohnraumversorgung, da sie nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind und ihre Mitglieder in Entscheidungen einbinden. Gerade in Zeiten steigender Mieten und zunehmender Wohnraumknappheit erleben Genossenschaften eine neue Blüte.

Moderne Wohnungsbaugenossenschaften setzen verstärkt auf ökologische und nachhaltige Baukonzepte, fördern gemeinschaft-liches Wohnen und entwickeln innovative Wohnmodelle, die auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen reagieren. Projekte für Mehrgenerationenwohnen, barrierefreie Wohnungen und energieeffiziente Neubauten gehören heute zum Standard.

Genossenschaften engagieren sich besonders stark bei Projekten des Altersgerechten Wohnens, die zum Ziel haben, den Bewoh--nerinnen und Bewohnern die Möglichkeit zu geben, möglichst lange selbstbestimmt in ihrer vertrauten Umgebung wohnen zu können.

Gemeinschaftlich genutzte Einrichtungen wie zum Beispiel Veranstaltungsräume gehören ebenso zum genossenschaftlichen Wohnen wie Mieterfeste oder Veranstaltungen für Kinder während der Ferien. Auch der Einsatz erneuerbarer Energien steht weit oben auf der Agenda der Wohnungsgenossenschaften.

Darüber hinaus bieten Genossenschaften wohnbegleitende Dienstleistungen an. So tragen Genossenschaften zum Beispiel durch Kindertageseinrichtungen ihren Teil zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Sie sind zudem auch als selbst Arbeitgeber attrak-tiv und bieten eine sichere und gute Zukunft für ihre Beschäftigten.

Auch die Digitalisierung im Genossenschaftswesen schreitet weiter voran. Seit 2022 gibt es als Ausfluss der Corona-Pandemie eine klare gesetzliche Regelung für die Durchführung von digitalen Mitgliederversammlungen. Auch die weitere Gremienarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und der Austausch mit den Mitgliedern wird nach und nach digitaler. Seit Anfang dieses Jahres ist auch der digitale Beitritt zur Genossenschaft möglich. Dies alles darf zugleich nicht dazu führen, den Menschen als Mitglied, als Vertreter, als Aufsichtsrat, als Vorstand aus den Augen zu verlieren. Und dies wird auch nicht geschehen. Der Mensch und die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse, das gehört zur DNA der Genossenschaften. Genossenschaften sind in der Lage, Tradition und Moderne miteinander zu verbinden, ohne dass ein Aspekt leiden muss. Dies gilt auch für die Nutzung digitaler Instrumente.

Internationale Bedeutung und Nachhaltigkeit

Genossenschaften sind weltweit eine tragende Kraft für nachhaltiges und sozial gerechtes Wirtschaften. Im Rahmen der von den Vereinten Nationen definierten 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) leisten Wohnungsgenossenschaften einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, nachhaltiger Stadtentwicklung und der Förderung sozialer Integration. Besonders in Ballungsräumen tragen sie zur Reduzierung von Wohnungsmangel bei und setzen auf langfristig tragfähige Modernisierungs-konzepte.

Ein wertvolles Regelwerk als Grundlage

In Deutschland haben wir das Glück, ein Regelwerk zu haben, das die genossenschaftlichen Grundprinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung auch gesetzlich verankert. Das Genossenschaftsgesetz, das seit dem Inkrafttreten schon mehrmals novelliert wurde, ist ein Garant für die stetige Fort- und Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Geschäfts-modells. Es sichert altbewährte Prinzipien und schafft zugleich Raum für flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Die lange und erfolg-reiche Tradition der Genossenschaften spricht auch für die Qualität des Genossenschaftsgesetzes. Und auch das Genossen-schaftsgesetz kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Es wurde bereits am 1. Mai 1889 im damaligen Reichgesetzblatt verkündet und ist am 1. Oktober 1889 in Kraft getreten.

Aktuelle Herausforderungen

Die Wohnungsbaugenossenschaften stehen vor erheblichen Herausforderungen. Steigende Bau- und Energiekosten, verschärfte regulatorische Anforderungen und ein Mangel an geeigneten Bauflächen erschweren sowohl die Modernisierung des Bestands als auch den dringend benötigten Neubau.

Zudem bringt die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) hohe Investitionsanforderungen mit sich, die wirtschaftlich schwer zu bewältigen sind. Hier ist eine engere Zusammenarbeit mit der Politik notwendig, um realistische und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Deutschland muss sich auf europäischer Ebene stärker für eine ausgewogene Regulierung einsetzen, die ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Das Spannungsfeld zwischen gesetzlichen sowie wirtschaftlichen Anfor-derungen und genossenschaftlichen Grundsätzen wird zur Zerreißprobe für die Genossenschaft und deren Mitgliedern.

Der demografische Wandel, die Tatsache, dass die Mitglieder immer älter werden, führt zu weiteren Investitionsanforderungen. Die Wohnungen müssen altersgerecht umgebaut, Schwellen abgebaut und Fahrstühle eingebaut werden. Das alles führt zu hohen Investitionen, die nur mit Miete gegenfinanziert werden können.

Genossenschaften finden seit über 150 Jahren die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit und sie werden dies auch zukünftig tun. Nicht zuletzt deshalb erfreuen sich Genossenschaften momentan hoher Beliebtheit. Genossenschaften sind
Wirtschaftsunternehmen und sie funktionieren nur, wenn sie wirtschaftlich handeln. Nur dann können bspw. Wohnungsgenossen-schaften ihren Mitgliedern und künftigen Mitgliedergenerationen auch bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.

Und genauso gefährlich ist es, wenn Genossenschaften im Zusammenhang mit Partizipation falsch verstanden werden. Wenn unter Schlagworten wie „Genossenschaften von unten“ einzelne Gruppierungen von Mitgliedern versuchen die Genossenschaft zu dominieren, politisch neu auszurichten, zu unterwandern. Die genossenschaftliche Idee funktioniert deshalb so gut, weil das Genossenschaftsgesetz die Rollen von Vorstand, Aufsichtsrat und Mitglieder-/Vertreterversammlung klar und eindeutig regelt. Sobald diese Rollen falsch verstanden und interpretiert werden, kommt es zu Konflikten.

Leider gibt es auch vereinzelte "schwarze Schafe", die sich den guten Ruf der Genossenschaften, insbesondere der  Wohnungs-genossenschaften, zunutze machen, um ihre Geschäftsmodelle zu etablieren, die häufig nur den Initiatoren und Vertriebspartnern dienen. Es ist daher wichtig, die Rechtsform Genossenschaft vor unseriösen Geschäftsmodellen, die dem grauen Kapitalmarkt zugeordnet werden können, zu schützen.

Die Bedeutung der Wohnungsbaugenossenschaften für die Zukunft

Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sind Genossenschaften eine der wenigen stabilen und sozialen Alternativen. Sie bieten nicht nur Schutz vor Spekulation und rasant steigenden Mieten, sondern fördern auch soziale Nachbar-schaften und langfristige Wohnperspektiven.

2025, im Jahr der Genossenschaften, wird ihr Beitrag zur Gesellschaft besonders gewürdigt. Es ist eine Gelegenheit, die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingungen für genossenschaftliches Bauen zu verbessern. Denn eines hat die Geschichte gezeigt: Wohnungsbaugenossenschaften sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Modell mit Zukunft.

Ein Großteil dieser Genossenschaften ist unter dem Dach des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunter-nehmen organisiert. Als Spitzenverband vertritt der GdW ihre Interessen auf politischer Ebene und sorgt dafür, dass die genossen-schaftliche Idee weiter gestärkt wird. Gemeinsam bilden diese Genossenschaften eine starke Stimme für bezahlbares, nachhaltiges und sozial verantwortliches Wohnen in Deutschland.

Zahlen, die beeindrucken

352 Wohnungsgenossenschaften sind Mitglieder des VdW Bayern. Gemeinsam verwalten die Genossenschaften rund 190.000 Wohnungen – darunter mehr als 20.000 gefördert. 102 Wohnungsgenossenschaften sind bereits über 100 Jahre alt. In den letzten 10 Jahren wurden 42 neue Wohnungsgenossenschaften in Bayern gegründet. Im Jahr 2024 haben sie mehr als 620 Millionen Euro in Neubau und Bestand investiert. 

„Wohnungsgenossenschaften sind heute wie vor über 100 Jahren ein wichtiger Faktor für sicheres und bezahlbares Wohnen in Bayern. Mit einer Durchschnittsmiete von 6,68 Euro pro Quadratmeter haben Genossenschaftsmitglieder die günstigsten Mieten im Freistaat.“ Hans Maier, Verbandsdirektor des VdW Bayern.